die "Schwierigkeit", negativ zu denken

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Pessimisten glauben, sie hätten das unbeliebte Privileg, negativ zu denken. Wenn sie mit Regen rechnen, nehmen sie einen Schirm mit. Sie tragen große Handtaschen mit Knirps, Taschentüchern, Pflasterstrips und Krankenkassenkarten, im Winter Eiskratzer, Türschlossenteiser, Handschuhe, im Sommer Deospray, Schuheinlagen und Ähnliches mit sich herum. Wenn es dann wirklich regnet oder sie sich schneiden, holen sie sich mit der lächelnden Gewissheit "Wusst' ich's doch!" die entsprechenden Utensilien aus der Tasche, und während andere ihre Aktenkoffer auf dem Kopf balancieren oder sich einen Unterstand suchen, spazieren sie fröhlich grinsend mit dem Schirm ihres Weges. Eigentlich sind das keine Unglücksraben, sie haben schließlich den Schirm dabei.

Aber es scheint doch nicht richtig zu sein, warum gibt es sonst so viele Bücher über das Positive Denken, wie wir denken und was wir glauben sollen, um ein glücklicherer Mensch zu werden? Solche Schwarten wie beispielsweise "The secret - das Geheimnis", worin sie uns Anleitungen geben, dass wir das Schlaraffenland für echt erachten müssen, damit wir da hin kommen, oder "Das Erfolgsbuch" von Dr. Joseph Murphy, in dem wir Gott wie ein freches Kind um einen Sack voll Gold und Diamanten bitten können, ohne dass er den Kopf schüttelt und sagt: "Das ist unverschämt", weil das Universum unendlich ist und es den Reichtum im Überfluss gibt. Und dass es arme und reiche Menschen, gesunde und kranke gibt, liegt einfach nur an unserem beschränkten Hirn. Butter bei die Fische, ich finde es reichlich beschränkt, sich zurückzulehnen und den Mund aufzumachen, damit die gebratenen Tauben reinfliegen. Es könnte auch ne Wespe sein.

Warum wird es uns eigentlich so schwer gemacht, das Schlimmste zu befürchten und das Beste zu erleben? Wer sagt denn bitteschön, jeder ist sein eigener Hellseher, und warum gibt es dann solche wie Sand am Meer? Warum kann ich nicht ein Schwarzseher sein, ohne dadurch unglücklich, krank oder depressiv zu werden? In Wirklichkeit werden wir doch depressiv, weil unsere Erwartungen nicht, wie ursprünglich prophezeit, eintreffen.  Diese Bücher, die uns glauben machen wollen, wir seien die Urheber unseres Schicksals, sind eigentlich selbst ernannte Gurus, die sich ganz von Gott abgewandt haben und uns versuchen wie der Leibhaftige, der Teufel, ein Leben in Saus und Braus mit so wenig Anstrengungen wie möglich zu führen.

Wir sollen positiv denken, wir sind die Erbauer unserer Zukunft, bla bla bla. Wir sind die großen Köpfe, die wie Edison oder Harrison Ford Dinge erschaffen, die es uns ermöglichen, überall Licht zu machen, alle Hindernisse zu überwinden und innerhalb von wenigen Stunden um den halben Globus zu reisen. Ja schon, doch von der Idee bis zur Umsetzung bedurfte es mehrere solcher schlauen Köpfe und das erforderte durchaus eine gewisse Zeit. Wie sollen wir in solchen Büchern lesen, dass die Dinge, die wir haben wollen, unverzüglich bereitstehen könnten? Warum macht man es uns so schwer, realistisch an die Sachen ranzugehen? Diese Bücher lesen sich wie Abstrusitäten eines ungeduldigen Kindes: "Ich will aber jetzt ein Eis, nein eins mit Sahne, und nicht in einer Minute, ich will jetzt eins", das heult und aufstampft und sich nicht beruhigen lässt. Ganz ehrlich, wenn man sich diese Bücher durchliest, ist man froh, dass man noch selber denken kann und auf diesen Blödsinn nicht hereinfällt. Wo kämen wir denn hin, wenn wir alle jedem das Blaue vom Himmel versprächen, der sich unseren Schmarrn reinzieht? Kommt es uns nur auf unseren Profit an? Den Schreibern dieser Bücher bestimmt. Mir ist es wichtig, welches Gedankengut ich weitergebe, und was ich möglicherweise anrichte, wenn die Rechnung nicht aufgeht. 

Was wir, die wir den Umsatz dieser riesengroßen Positiv-Denk-Religion steigern, davon haben, dass wir dieses Zeug lesen, ist ohne Zweifel nur eine Lücke im Portemonnaie, die sich angeblich von selber schließen wird, wenn wir dieses jämmerlich einfarbige Gedankengut in uns rein üben. Sehr schnell wird uns aber klar, dass es nicht so einfach ist, denn sonst gäbe es viel mehr Reiche, und die einzig Armen sind die Leute, die solche Bücher nicht besitzen. Ganz ehrlich, ich kenne Reiche, die haben noch nie von Dr. M. Murphy oder "the secret" gehört. Und ich kenne Leute, die haben es nicht so dicke oder sind welche mit Durchschnittseinkommen, aber sie haben "the secret" oder Dr. J. Murphys Bücher, meine Mutter hat die Lightversion des Positivdenkens namens "Sorge dich nicht - lebe". Sie hat es gelesen und ist dann doch mit 82 gestorben, hatte nen Herzinfarkt und ist zu spät ins Krankenhaus gekommen. Sie hat sich eben nicht gesorgt, sonst könnte sie evtl. noch leben.

Daran sieht man, wes Geistes Kind die Autoren sind, denn der Leser ist immer nur so gut wie der Autor, der den Müll geschrieben hat. Wer immer das jetzt liest, weiß: Ich will nicht glauben, ich will wissen. Wer glaubt, weiß nix, denn Glauben heißt nicht Wissen. Wenn uns suggeriert wird, wir sollen das und das glauben, weil es eigentlich keiner genau weiß, und nun schreibe ich noch ne Weisheit über Hellseher, der betreibt eigentlich Augenwischerei. Genau wie die Sektenführer, sie versprechen das Paradies und zu wissen, wie man hinkommt, und verlangen, dass man ihnen alles glaubt.

Über Hellseher: Sie besorgen sich vorab Informationen über den Kunden, z. B. stellen sie unverfängliche Fragen, aus denen sie einiges ableiten können, informieren sich vorher über den Beruf und das Alter, haben Menschenkenntnis, können im Gesicht einiges ablesen und auch in der Gestik. Dann, während des "Wahrsagens" nennen sie erst mal Vermutungen und stellen die als Tatsachen hin. Der Kunde staunt, woher der Hellseher das weiß. Und gibt dann noch mehr von sich preis, wodurch der Hellseher eine Prognose erstellt, möglichst positiv, um den Kunden nicht zu verängstigen, und geht davon aus, dass sich der Kunde dementsprechend verhält, weil er das glaubt. So trifft dann wirklich ein bestimmter Prozentsatz von dem ein, was der Hellseher erzählt hat.

Außerdem: Wo nichts ist, kann nichts wachsen. Wenn man bestimmte Erfahrungen gemacht hat, kann man nicht einfach das Alzheimer-Gen spritzen lassen, möglichst nur in die Hirnregion, wo negative Erlebnisse gespeichert sind. Und sagen: "Ich fange einfach von vorne an und glaube tatsächlich, es regnet heute 500-€uro-Scheine." Wer wirklich immer nur Erlebnisse in eine Richtung macht, in die unterste, der kann sich nicht "einfach umpolen" und von heute auf Morgen positive Erwartungen haben. Man kann nur erwarten, was man in der Realität erlebt.

Ihr seht also: Alles keine Hexerei. In Handlinien kann man übrigens auch lesen, angeblich ist die rechte Hand die Zukunft und die linke das bisher gelebte Leben. Man kann Krankheiten, Kinder, Ehepartner und das voraussichtlich erreichbare Lebensalter sehen. Man zählt einfach die Linien am Handgelenk: Eine große entspricht 20 Jahren.

Die Handlesekunst ist unumstritten, trotzdem hat man bei mir Fehler gemacht. Man sah Kinder, ich hab keine. Möglich wäre es wohl gewesen, eins oder 2 zu kriegen, ich hab mich aber dagegen entschieden, wegen der möglichen Erbkrankheiten.

Und eins möchte ich euch auf jeden Fall noch mit auf den Weg geben: Negatives Denken ist keine Krankheit, die es auszumerzen gilt. Mit einer roten Ampel zu rechnen bedeutet nicht, dass die Chance auf eine grüne schwindet, sondern dass man rechtzeitig bremsen kann. Mit Verspätung zu rechnen bedeutet nicht zu spät zu kommen, sondern früher loszufahren, und wenn man zu früh kommt, kann man immernoch zum Bäcker gehen oder einen Kaffee trinken. Macht euch keinen Kopf darüber, dass ihr Pessimisten seid, auch wenn ein Optimist sagt: "Der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst." Wenn dann einer Blödsinn macht, ist es dann immerhin nicht auf euren Mist gewachsen. Das wisst ihr dann genau.

Ich habe auch das Buch "erfolgreich Wünschen" von Pierre Franck gelesen. Damit kann ich bestätigen, was andere Kritiker schon geschrieben haben: Alles hat seinen Preis. Wenn ich im Laden bin und einen Pullover sehe, probiere ich ihn nicht an, bevor ich das Preisschild gesehen habe. Kann ich mir etwas nicht leisten, kaufe ich es nicht - egal, wie schön es aussieht. Würde es auch gut an mir aussehen: Hätte ich dafür zu viel Geld ausgegeben, würde ich mich ärgern, nicht dazu noch eine Hose oder ein T-Shirt kaufen zu können, weil alles weg ist.

Hätte ich meinen Plan sofort verwirklicht, Schriftstellerin zu werden, dann hätte ich folgenden Preis zahlen müssen: Damit meine Eltern mir die eigene Wohnung finanzieren, hätte ich sie unter Druck setzen müssen. Meiner Schwester haben sie sie bezahlt. Ich musst einen Beruf lernen, den ich hasste. Der Preis, den ich für eine von den Eltern bezahlte Wohnung gezahlt hätte, wäre gewesen: Den Psychologen gegenüber der Polizei von der Schweigepflicht entbinden, und den Eltern damit drohen, zur Polizei zu gehen und den Unterhalt einzuklagen.

So hätte ich meine geliebte Freiheit gehabt, wäre nebenbei zur Abendschule gegangen, hätte mein Abitur gemacht und anschließend Germanistik studiert, nebenbei hätte ich geschrieben, aber zu welchem Preis! Daran wäre eine Familie kaputt gegangen. Und wenn man nun klein anfängt, z. B. mit dem Parkplatz. Man wünscht sich einen Parkplatz und nimmt dadurch jemand anderem den Parkplatz weg. Nichts ist umsonst auf der Welt. Was wir uns wünschen, dafür müssen wir bezahlen. Manchmal mit Grausamkeiten, manchmal auch auf Kosten anderer.

Ehrlich gesagt, ein Mensch, der sich seine Wünsche auf Kosten anderer erfüllt, ist ein Charakterschwein. Ich esse kein Schweinefleisch, kein Rindfleisch, und will auch kein Schwein sein. Soll ich über Leichen gehen?

 

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